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AutorenbildManfred Hesch

Die Rohrdommel - Der heimliche Geselle in Mondsee

Aktualisiert: 9. Mai 2023

Ein Name, den einige vielleicht schon mal gehört haben. Aber die wenigsten Menschen haben sie jemals in Mondsee zu Gesicht bekommen und das hat mehrere Gründe.

Sie ist kein Dauergast am See und meist nur in den Wintermonaten Dezember und Jänner für einige wenige Tage oder Wochen am See ansässig. Nämlich genau zu der Zeit, wo im Norden die Gewässer teilweise zugefroren sind, sozusagen als Winterdomizil.

Nur sehr wenige Menschen verbringen in den Wintermonaten Zeit am See und so fällt der heimliche Gast in Mondsee kaum auf. Dazu kommt, dass die Rohrdommel meist im tiefen Schilf Schutz sucht und mit ihrer Zeichnung des Gefieders extrem gut darin getarnt ist. Nimmt sie bei Gefahr die "Pfahlstellung" ein, so ragt der der Schnabel steil nach oben und sie verschmilzt mit Ihrem Gefieder dabei komplett mit dem Schilfrohr.

Bewegt der Wind auch noch das Schilf, dann bewegt sie sich im Rhythmus des Schilfs hin und her und wird dabei so gut wie unsichtbar. Sogar die Jungvögel ab dem 10. Tag beherrschen diese Taktik schon ausgezeichnet. Die Rohrdommel ist ein wahrer Meister der Tarnung in ihrem Habitat.

Rohrdommel Mondsee, Rohrdommel Naturschutz
Die Pfahlstellung der Rohrdommel. Mitten im Schilfrohr wäre sie wohl kaum noch zu sehen

Über zwei Jahre hatte ich versucht, sie in Mondsee zu beobachten und vor allem vor die Linse zu bekommen. Doch es war mir nie gelungen. Nicht einmal kurz gezeigt hatte sie sich mir, auch nicht nach unzähligen Ansitzen und dies bei teilweise unwirtlichen Minusgraden im tiefsten Winter. Natürlich habe ich in dieser Zeit einige andere Seebewohner mit meiner Kamera eingefangen, so wie die quirlige Wasserralle, Teichenten, Stockenten, Haubentaucher, Graureiher und sogar der Biber zeigte sich manchmal am frühen Morgen. So war immer was los, aber die Rohrdommel ließ sich einfach nicht blicken.


Doch an diesem Tag sollte alles anders sein. Morgens um halb sieben war ich diesmal am Ansitz und stolperte ins Tarnzelt, es war noch stockdunkel. Ich benutzte wie immer keine Taschenlampe, um keine unnötige Unruhe bei den Schilfbewohnern zu verursachen. Das Thermometer zeigte frische -1°C an.


Rohrdommel in Mondsee, Vogel Fotografie Manfred Hesch
Kurz vor Sonnenaufgang war es noch bitterkalt, jetzt hieß es einfach warten

Langsam kam Leben ins Schilf, die ersten Laute der Haubentaucher, Enten und Wasserrallen waren zu hören. Die Wasserrallen kamen schon sehr früh vorbei, sahen sich etwas um, verschwanden aber gleich wieder eiligen Schrittes. Die Wasserralle hat es ja eigentlich immer eilig und steht kaum still. Für ein hochwertiges Foto war es noch viel zu dunkel und man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Um diese Jahreszeit gibt es nur ein sehr kleines Zeitfenster von ca. 2,5 Stunden, wo die Sonne an diesem Platz durchkommt. Sie steht im Winter sehr tief und die Berge hinter mir werfen lange Schatten weit über den See hinaus. Erst ab ca. 11.00 Uhr kommen die ersten Sonnenstrahlen durch und erwärmen auch die Umgebung spürbar.


Plötzlich um 09.30 Uhr sah ich einen Kopf am linken Rand auftauchen und ich traute meinen Augen nicht. Das sieht doch verdächtig nach Rohrdommel aus. Sehr, sehr langsam und vorsichtig betritt sie die Bühne.


Rordommel in Mondsee, Manfred Hesch Fotografie
Die große Rohrdommel, es ist noch immer sehr wenig Licht

Geduckt und mit äußerster Vorsicht schlich sie an mir vorbei. Die Augen suchten dabei nervös alles ringsherum ab, um bei Feinden oder undefinierbaren Bewegungen im Umfeld sofort die Flucht ergreifen zu können. Die Rohrdommel ist meist sehr gemächlich unterwegs und ich hatte das Gefühl, ein Zeitlupenfilm läuft vor mir ab. Jeder Schritt geschah extrem langsam und es vergingen teilweise Sekunden, bis der nächste Schritt gesetzt wurde. Sie ist ein sehr nervöser und aufmerksamer Vogel und dadurch auch für Wildtierfotografen eine riesige Herausforderung. Einen Schwenk mit der Kamera muss man sich gut überlegen und wenn, dann nur so langsam wie die Rohrdommel selbst unterwegs ist. Ansonsten hat man schon verloren. Ich sitze dabei wie immer in meinem Tarnzelt, um dabei so unsichtbar wie möglich zu sein. Ohne diesem wäre ein Ansitz überhaupt nicht möglich. So überraschend die Rohrdommel aufgetaucht war, so "schnell" verschwand sie aber auch wieder im schützenden Schilf.

10 Minuten später kam abermals von links eine weitere Rohrdommel und auch diese verschwand sehr schnell wieder rechts im Schilf. Ich ging davon aus, das es sich dabei um zwei verschiedene Vögel handelte, eventuell ein Pärchen.

Nun war nochmals warten und Geduld angesagt und ich hatte die leise Hoffnung, dass eine der beiden vielleicht auch wieder retour kommen könnte, und das vielleicht bei idealen fotografischen Bedingungen 😁

Mittlerweile war es 12.00 Uhr geworden und ich schwor mir an diesem Tag nicht nach Hause zu gehen, bis eine der beiden Rohrdommeln hier wieder auftauchte. Irgendwann müssen sie ja von der rechten Seite wieder zurückkommen, da nach wenigen Metern das Schilf endet.

12.15 Uhr - Ich hörte ein Knacken im Schilf und suchte mit meinen Augen den Schilfgürtel gegenüber ab. Nichts war zu sehen!! Da war es aber wieder, das Knacken im Schilf....und dann sah ich sie vor mir, die Rohrdommel, wie sie langsam aus dem Schilfgürtel austratt.

Rohrdommel, Wildtier Fotografie Manfred Hesch
Die große Rohrdommel perfekt getarnt im Schilf

Mit langsamen Schritten kam sie ganz vorsichtig näher und das zu einer idealen Zeit, wo beste Lichtbedingungen herrschten - quasi ein Lottosechser für einen Wildtierfotografen wie mich 😁

Ich war mindesten genau so angespannt wie die Rohrdommel selbst und versuchte, keinen Fehler zu machen. "Bloß keine schnellen Bewegungen mit der Kamera", dachte ich. Diese Chance bekomme ich nicht so schnell wieder.


Sich auf eine freie Fläche zu wagen, kostet der Rohrdommel einiges an Überwindung, so ganz ohne schützendes Schilf und dementsprechend vorsichtig agierte sie auch.

Die Nähe zu mir war mittlerweile sensationell, bis auf 5 Meter kam sie an mich heran, zum Greifen nahe.

Ich hatte an diesem Tag eine Festbrennweite von 400mm an meiner Kamera und durch die extreme Nähe schon zu tun, alle Körperteile der Rohrdommel noch aufs Bild zu bekommen. Teilweise musste ich aufgrund der Nähe auf Hochformat umstellen und dies war jedes Mal ein Rasierklingenritt. Ich musste mich überwinden, nicht zu schnell zu drehen und zu schwenken. Hochkonzentriert vergaß ich dabei fast zu atmen.


Rohrdommel in Mondsee, Österreich, Manfred Hesch Salzkammergut
Hier war sie schon sehr entspannt, die Rohrdommel. Ein paar Yoga Übungen unterstreichen dies 😊

Steckbrief Rohrdommel

  • Wissenschaftlicher Name: Botaurus Stellaris

  • Englischer Name: Great Bittern

  • Familie: Reiher

  • Größe: 70 - 80 cm

  • Flügelspannweite: ca. 130 cm (vergleichbare Größe ist ein Bussard)

  • Fortpflanzung/Paarungszeit: März/April

  • Brutzeit: April bis Juni

  • Brutdauer: 25 Tage

  • Anzahl der Eier/Gelegegröße: 5-6

  • Gewicht: Weibchen ca. 1100g - Männchen ca. 1900g

  • Alter: Lebenserwartung 12 Jahre

  • Zugvogel: Ja

  • Feinde: Seeadler, Fuchs, Marder, Mensch, Klimawandel

Die große Rohrdommel ernährt sich vorwiegend von Fischen, Fröschen und Wasserinsekten. Aber auch kleinere Säugetiere wie Mäuse gehören zu ihrem Speiseplan und sie räubert auch gerne in Nestern von Entenvögeln.

Im Frühjahr geben die Männchen dumpfe Balzrufe von sich, die kilometerweit zu hören sind und der Rohrdommel früher die volkstümlichen Bezeichnungen Moorochse, Wasserochse und Mooskuh eingetragen haben. Es klingt beinahe wie ein Nebelhorn.


Rohrdommel in Mondsee
Mit ausgestrecktem Hals sieht man ihr die Größe erst an

Durch Verlust ihres Lebensraumes, insbesondere Zerstörung von Schilfbeständen oder Entwässerung, ist die Rohrdommel stark gefährdet und auf der roten Liste. An vielen Gewässern haben sich die Freizeitaktivitäten katastrophal auf den Bestand ausgewirkt, da Rohrdommeln extrem störempfindlich sind. Optimale Bedingungen gibt es nur mehr sehr wenige in Österreich, fixe Bestände meines Wissens vorwiegend nur noch am Neusiedlersee.


Der ganze Zauber vor mir dauerte ca. 40 Minuten, dann suchte sie das Weite und strich vor meinen Augen ab. Das war es wohl gewesen und mir wurde in diesem Moment bewusst, welch Glück ich an diesem Tag doch hatte. Ich blieb noch eine Weile sitzen, doch der zweite Vogel ließ sich nicht mehr blicken. Auch an den folgenden Tagen versuchte ich es noch einige Male an der selben Stelle, aber die beiden Rohrdommeln dürften wohl längst weitergezogen sein. Übrig blieb ein tiefentspannter und sehr zufriedener, naturbegeisterter Wildlife Fotograf 😊😊


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